Verletzungen können auftreten, wir sind schließlich nicht in der Lage, alles zu verhindern und uns vor allem zu schützen. Aber wir können uns darauf vorbereiten, was zu tun ist, wenn doch mal eine Verletzung passiert.
Hier möchte ich dir Anhaltspunkte und grundlegende Prinzipien einer Rehabilitation näher bringen und dir so einen groben Überblick geben, was nach einer Verletzung zu tun ist. Vielleicht kannst du eine Verletzung sogar nicht als Krise, sondern vielmehr als Chance und Herausforderung sehen!
Anhaltspunkte & Prinzipien einer Rehabilitation nach einer Verletzung
Starten wir zunächst mit dem wichtigsten Grundsatz, der oberste Priorität während der gesamten Zeit der Rehabilitation haben sollte: dem Schaffen von optimalen Wundheilungsverhältnissen, denn darauf kommt es nach einer Verletzung an!
Warum? Weil sich letztendlich nur dein eigener Körper selbst heilen kann. Kein Therapeut, kein Trainer. Nur dein eigener Körper, der kann das, vertrau ihm! Was wir aber tun können, ist eben möglichst gute Voraussetzungen dafür zu schaffen, um so unseren Körper bei der Wundheilung zu unterstützen. Den Rest macht dein Körper schon, wirklich!
Und wie geht das? Mit diesen drei Grundprinzipien:
- Setzen von spezifischen Reizen zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Dosierung
- Auf seinen Körper hören, Acht geben und dem Gewebe Zeit geben, sich anzupassen
- Die Ernährung anpassen, um für eine ausreichende Menge an „Baustoffen“ (Nährstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente) im verletzten Gebiet zu sorgen, denn davon braucht der Körper jetzt deutlich mehr!
Im Folgenden wollen wir aber nur den ersten Punkt etwas ausführlicher betrachten, da dies hier sonst den Rahmen sprengen würde.
Okay, die Grundprinzipien sind klar. Aber was ist jetzt genau zu tun nach einer Verletzung? Um diese Frage zu beantworten, ist erstmal ein grober Abriss der Wundheilungsphasen nötig, denn das Vorgehen der Rehabilitation im Sinne des progressiven Belastungsaufbaus ist an diese geknüpft. Prinzipiell ist die Wundheilung als ein fließender Prozess anzusehen. Es gibt keine wirklich strikte Phaseneinteilung. Das ist ein sehr starres Konstrukt, hilft aber, um sich in diesem komplexen Geschehen zu orientieren.
1. Phase der Wundheilung: Akut- bzw. Entzündungsphase
Der Start der Wundheilung nach einer Verletzung beginnt mit der Akut- bzw. Entzündungsphase. Geprägt durch Schwellung, Rötung, Wärme, Funktionseinschränkungen und Schmerz. Das hast du bestimmt schon einmal gehört oder vielleicht auch schon selbst erlebt. Dies kann schon ungefähr 2 bis maximal 10 Tage dauern. Jede Gewebeart reagiert mit einer unterschiedlich heftigen und unterschiedlich langen Entzündungsreaktion. Prinzipiell gilt: je besser das Gewebe durchblutet ist, desto heftiger fällt die Entzündungsreaktion aus, desto kürzer aber auch die Wundheilungsphasen. Dementsprechend heilt beispielsweise gut durchblutetes Muskelgewebe deutlich schneller als die schlecht durchblutete Sehne! Diese Entzündungsreaktion nach einer Verletzung entspricht einer normalen physiologischen Antwort des Körpers. Das ist wichtig! Also lass die entzündungshemmenden Medikamente weg, denn damit hemmst du nur den Start der Wundheilung!
Für dich konkret bedeutet das erstmal: Nichts tun. Wie jetzt, nichts? Ja genau, nichts! In dieser Zeit ist eine völlige Entlastung der betroffenen Struktur empfehlenswert. Der Rest des Körpers kann natürlich weiter trainiert werden, aber eben nicht das verletzte Körperteil. Ansonsten gilt: Lass deinen Körper machen, der regelt das schon! Das Immunsystem läuft auf Hochtouren, Immunzellen räumen erstmal auf, zerstören und beseitigen Zelltrümmer und der Körper sorgt für eine vermehrte Durchblutung. Frisches, nährstoffreiches Blut fließt zum Wundgebiet. Lass deinen Körper also in Ruhe arbeiten.
2. Phase der Wundheilung: Proliferationsphase
Im Anschluss folgt die sogenannte Proliferationsphase. Die zweite Phase der Wundheilung. Diese liegt etwa zwischen dem 5. und 21. Tag, kann aber auch mit bis zu 8 Wochen durchaus länger andauern, abhängig eben von der Gewebeart.
Das Immunsystem hat seine Arbeit erstmal getan. Immunzellen locken anschließend Bindegewebszellen an, v.a. die Fibroblasten. Diese produzieren dann überwiegend Fasern des Kollagen Typ III. Genug mit den Fachbegriffen! Vereinfacht gesagt: Es wird mit dem Aufbau von neuem Gewebe begonnen. Diese Kollagenfasern sind zunächst chaotisch ausgerichtet und brauchen Informationen in Form von funktionellen, spezifischen Reizen, welche den Fasern sagen, wie sie sich ausrichten sollen. Dadurch wird ihnen nämlich mitgeteilt, welche Richtung beweglich und welche Richtung eher stabil sein muss. Diese Phase ist also geprägt von Bewegung! Vor allem spezifisch und unter Berücksichtigung der Schmerzgrenzen. Heißt also, wenn ich beispielsweise nach einer Schulterverletzung wieder werfen will, dann müssen diese Bewegungsmuster auch beübt werden, damit sich die Fasern des Bindegewebes auch entsprechend ausrichten können. Aber gemach, die Fasern des Kollagen Typ III sind noch sehr dünn und noch nicht so stabil, dementsprechend deutlich geringer belastbar. Hier gilt: Lass dein Ego zuhause und bleib geduldig!
Am Ende der Proliferationsphase startet dann der Umbauprozess von Kollagen Typ III in das deutlich stabilere Kollagen Typ I und stellt gleichzeitig den Beginn der letzten Phase dar: die Umbauphase.
3. Phase der Wundheilung: Umbauphase
Die Turn-over-Zeit (vollständiger Zyklus des Auf- und Abbaus einer Gewebeart) für kollagenes Bindegewebe Typ I (Sehnen, Bänder etc.) beträgt 300-500 Tage. Es kann also bis zu anderthalb Jahre dauern, bis sich bspw. eine Sehne nach einer Verletzung wieder auf dem Ausgangsniveau befindet. Und ist die Rehabilitation danach dann abgeschlossen? Vielleicht. Strukturell schon. Aber die Psyche spielt sicherlich eine ebenso große Rolle bei Verletzungen. Das ist aber nochmal ein anderes Thema. Zurück zur Umbauphase: In dieser kann die Belastung nun weiterhin progressiv gesteigert werden. Wie das genau aussehen kann, werde ich in einem weiteren Blogartikel näher beleuchten. Dort sollen dann die verschiedenen Stufen des progressiven Belastungsaufbaus der Rehabilitation aufgezeigt werden.
Resümee
Nun nochmal kurz & knapp zusammengefasst:
Entzündungsphase:
- Entzündungshemmende Maßnahmen meiden
- Belastung der verletzten Struktur reduzieren/vermeiden
- Schmerz als Warnsignal
- Immunsystem machen lassen
Proliferationsphase:
- spezifisch und dem Gewebe entsprechend funktionell bewegen
- Berücksichtigung der Schmerzgrenze
Umbauphase:
- Belastung progressiv steigern
Du hast Fragen oder vielleicht sogar selbst gerade eine Verletzung und möchtest wieder fit werden? Dann sprich uns in der REHA-diesportstrategen doch gern mal an, wir schauen, wie wir dich wieder auf die Beine bekommen: entweder direkt bei uns am Front Desk, per Mail unter post@reha-diesportstrategen.de oder telefonisch unter 0511-51 52 55 77.
Bis bald
Felix
Quellen:
Koller T. Physiotherapeutische Diagnostik. Hypothesengeleitet und klinisch relevant entscheiden. Stuttgart: Thieme; 2017
Bant, H.; Haas, H-J.; Ophey, M. & Steverding, M. Sportphysiotherapie. 2. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018